Kommt man – vor allem in Internetforen oder sozialen Netzwerken – auf die GEMA zu sprechen, dann ist das Echo meist wenig charmant. Die Verwertungsgesellschaft für Komponisten und Textdichter scheint sich in den letzten Jahren auf der Unbeliebtheitsskala deutscher Institutionen einen Platz gleich hinter der Waffen-SS, der Stasi und noch vor der GEZ gesichert zu haben. Ob das so gerechtfertigt ist, sei dahingestellt. Für viele Komponisten, die sich und ihre Familie ernähren müssen, gibt es derzeit keine Alternative und Vieles, was so über die GEMA geredet, geschrieben und getwittert wird, zeugt von mangelndem Wissen des Redners/Schreibers/Twitterers. Doch ist es hier nicht meine Aufgabe, die offenbar nicht all zu fähige PR-Abteilung der GEMA zu vertreten, denn ich bin zwar Musiker, jedoch kein Mitglied der GEMA und lebe auch nicht hauptsächlich von der Musik.
Wie die GEMA weniger bekannten Künstlern Hürden in den Weg stellt
Komponisten wie mir steht die GEMA eher im Weg, denn sie fordert von ihren Mitgliedern eine komplette Kommerzialisierung ihrer Werke. Wer GEMA-Mitglied ist, muss alles anmelden, was er jemals komponiert hat und komponieren wird, einschließlich der Jingles für den Hamsterzuchtpodcast und der Titelmusik für das YouTube-Video zum letzten Betriebsausflug. Wäre ich GEMA-Mitglied, hätte ich für unser Live-Hörspiel „Das Schweigen der Unsichtbaren“ GEMA-Gebühren abdrücken müssen, auch wenn wir dort meine eigene Musik spielen. Für eine Veranstaltung, die mal soeben die Ausgaben wieder einspielt, wäre das ein ärgerlicher Kostenfaktor. Eine Veröffentlichung meiner Musik im Ohrenblicke-Podcast wäre ebenso unmöglich, denn der Podcast-Tarif der GEMA ist an derartig viele Bedingungen geknüpft, dass er allenfalls unter der Rubrik Realsatire abzubuchen ist. Es gibt zwar bei der GEMA die Möglichkeit einzelne Nutzungsarten von der Verwertung auszuklammern (z.B. Internet), aber unter Flexibilität stelle ich mir dann doch etwas anderes vor.
Ein Ärgernis für Veranstalter ist die sogenannte GEMA-Vermutung, die im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz geregelt ist. Sie geht davon aus, dass grundsätzlich das gesamte Musikrepertoire, das öffentlich gespielt wird, bei der GEMA angemeldet ist. Ist das nicht der Fall, muss der Veranstalter das beweisen. Gäbe es eine weitere Verwertungsgesellschaft, sähe die Sache anders aus und die Beweislast würde umgekehrt.
Es wäre in der Tat schön, gäbe es eine Alternative zur GEMA: eine Verwertungsgesellschaft, die ihren Mitgliedern Freiheiten über die Nutzung ihrer Werke einräumt, eine Verwertungsgesellschaft, die das Internetzeitalter verstanden hat und neue technische Möglichkeiten nutzt, um die Tantiemen gerecht und transparent zu verteilen, eine Verwertungsgesellschaft, die auch weniger bekannten Künstlern hilft, statt ihnen Hürden in den Weg zu stellen, die demokratisch aufgebaut ist und die eine ernstzunehmende Konkurrenz für die GEMA sein könnte und sie unter Reformierungsdruck setzt.
Die Cultural Commons Collecting Society (C3S)
Ich würde mich nicht am sonnigen Spätsommernachmittag an den Rechner setzen, wenn ich nicht ein As im Ärmel hätte: In Kürze wird sich eine neue Verwertungsgesellschaft gründen, nämlich die Cultural Commons Collecting Society (C3S). Ob sie ein Erfolg wird und den hohen Ansprüchen gerecht wird, hängt nicht nur von den sehr engagierten Menschen ab, die sich diese Mammutaufgabe vorgenommen haben, sondern von uns allen. So sammelt die Initiative derzeit Geld per Crowdfunding, um ihr Projekt zu finanzieren. Angestrebt wird die Gründung einer europäischen Genossenschaft, bei der sich jeder beteiligen kann. Auch ich habe mir bereits einen potenziellen Anteil gesichert (der dann nach der Gründung ein echter Anteil wird), mit 50 Euro ist man dabei! Man kann außerdem bis zu 59 weitere Anteile erwerben. Auch wer kein Musiker ist und nicht Mitglied werden möchte, kann die Aktion durch eine beliebig große oder kleine Spende unterstützen.
Wer sollte die C3S unterstützen?
- Komponisten, für die eine GEMA-Mitgliedschaft nicht in Frage kommt
- GEMA-Mitglieder, die mit der GEMA nicht zufrieden sind
- Musikliebhaber, die Vielfalt wollen und ihre Ohren gerne abseits der Charts offen halten
- Veranstalter von Musikveranstaltungen
- Alle, die sich über die GEMA echauffieren und nicht nur meckern, sondern auch etwas Konstruktives beitragen wollen
- Alle, die etwas Geld übrig haben und eine gute Sache unterstützen wollen
Nicht zuletzt ist jede Spende auch deshalb wichtig, weil die C3S vom Land NRW noch mal einen Zuschuss von 200.000 Euro bekommt, wenn sie selbst denselben Betrag aufbringen kann. Davon ist das Crowdfunding-Projekt allerdings noch weit entfernt. Also, am besten jetzt sofort die Seite bei Startnext besuchen, alles gut durchlesen und spenden oder Anteile erwerben (die findet man unter dem Reiter „Investition“ am rechten Rand). Übrigens kann man seine Genossenschaftsanteile zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder herausziehen und bekommt dann sein Geld zurück.
Also, worauf wartest du noch? :-)
Update, 01.10.2013
Die Crowdfunding-Aktion ist vorbei, knapp 119.000 Euro sind zusammengekommen. Sicherlich wird man demnächst auch auf andere Weise Genossenschaftsanteile erwerben und somit Mitglied werden können, denn die C3S braucht mindestens 3000 Mitglieder, um beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Verwertungsgesellschaft anmelden zu können. Wichtig ist daher, die Sache weiterhin zu verfolgen, zu diskutieren und weiterzuverbreiten!